𝐏𝐚𝐭𝐞𝐧𝐛𝐢𝐭𝐭𝐞𝐧 𝐰𝐮𝐫𝐝𝐞 𝐧𝐢𝐜𝐡𝐭 𝐥𝐞𝐢𝐜𝐡𝐭 𝐠𝐞𝐦𝐚𝐜𝐡𝐭
So forderte Brandmaier Zweierteams aus dem Festausschuss auf, die gebräuchlichsten Knoten und Stiche zu zeigen, die zum Einmaleins der Feuerwehrleute gehören. Darunter auch den Kreuzknoten, den Magdalena Obermayer bei Martin Müller anlegen musste. Mit den Ergebnissen waren die Törringer aber nicht immer zufrieden, mal saß ein Knoten angeblich zu locker, mal wurde behauptet, die Zeit sei überschritten. "Alles noch ausbaufähig", fasste Brandmaier die Nörgeleien mit einem Augenzwinkern zusammen. Immerhin gelang es aber so, die ersten 40 Liter Bier herauszuschinden. Obermayer meinte jedoch, das 25-Liter-Fassl, das die Bürgermeisterin angezapft hatte, sei völlig ausreichend, während Brandmeier sich deutlich mehr und obendrein noch eine ordentliche Brotzeit vorstellte. Daher hatten er und der Gruppenführer der Törringer, Stefan Reiter, der scheinheilig den Unparteiischen mimte, weitere kniffelige Aufgaben in petto, bei denen es vorwiegend um Geschicklichkeitsübungen und blindes Vertrauen im Team ging.
Zur Stärkung mussten die Festleitung und die Vorstandschaft dann würzig scharfe Debrecziner verspeisen. Die legten Feuer auf die Zungen, das unter großem Beifall im Publikum schnell mit Williams Christ-Birne gelöscht werden konnte, womit die Tenglinger zugleich bewiesen, dass sie das Brandlöschen aus dem Effeff beherrschen. Diese Leistung schien aber nicht gut genug zu sein, die Törringer gaben sich miesepetrig und wollten mehr sehen. Da wagten Festleiterin Magdalena Obermayer und 1. Kommandant Florian Reiter einen dreisten Bestechungsversuch: Sie ließen ein Wasserschaden-Wagerl hereinziehen, bestückt mit Rettungsutensilien für das neue Feuerwehrauto in Törring.
Die Törringer hielten dies zwar für eine durchaus nette Geste, aber halt nur für ein Zuckerl, womit sich die Biermenge erneut steigerte. Ob die Utensilien hilfreich sind, darf eher bezweifelt werden, da die Schwimmflügerl oder der rote Schwimmring mit dem Törringer Feuerwehrwappen drauf wohl höchstens einem Kleinkind passen. "Falls die Wasserwacht Tengling aber einen damit ausgestatteten Schwimmer, einen Ertrinkenden im Wasser sieht, darf sie sich ruhig Zeit lassen mit dem Retten", meinte Obermayer mit höhnischem Lächeln.
Etwas Gehirnschmalz und Bedenkzeit verlangten die Quizfragen, die "die Frau Festleiterin und die Frau Bürgermeisterin" beantworten sollten. Meist lagen ihre Antworten zwar daneben, aber eben nur knapp. Verblüfft zur Kenntnis nahmen die Törringer Fragesteller hingegen, wie belesen die Bürgermeisterin in Tengling ist: Stefanie Lang konnte nämlich auf Anhieb sagen, dass die japanische Großstadt Yokohama 3,7 Millionen Einwohner hat. Da war es 21.20 Uhr und der Bierstand lag bei 68 Liter. Unter vorgehaltener Hand hieß es im Publikum, nach der Einwohnerzahl sei nur gefragt, worden, weil man die gleiche Litermenge an Bier rauspressen wollte.
Dann versuchten es die Tenglinger noch mit einem Kennzeichen-Geschenk. Weil eines der beiden Törringer Feuerwehrautos im nächsten Jahr 30 Jahre alt wird, überreichte man schon mal ein Oldtimer-Kennzeichen. Das war ein Wink mit dem Zaunpfahl in die Richtung von Bürgermeister Bratzdrum, endlich ein neues Fahrzeug zu beschaffen.
Das Wohlwollen der Paten lag aber zu dieser Stunde noch immer in weiter Ferne, obwohl die Tenglinger Wehr schon fast darum gebettelt hat, dass die Törringer die Patenschaft übernehmen sollen. Es half aber nichts. Den überlieferten Vorgaben folgend trug der Festausschuss samt Schirmmherrin seine Patenbitte schließlich auf Holzscheiten kniend vor. Es hieß, "Tradition und Brauchtum lebendig zu halten, das ist eine schöne Sache." Allerdings gab es angesichts der kantigen Holzscheite sehr geteilte Meinungen. Das Scheitlknien, das so unbequem ist, wie es klingt, zeigte, dass so ein Patenbitten alles andere als ein Kinderspiel ist. Die Tortur, bei der man noch das unterwürfige und inständige Flehen in Form des "Gebetes" "Liebe Kameraden aus Därring, wir bewundern euer Können, eure Hilfe komme..." hörte, haben aber alle heil überstanden, vermutlich weil sie sich an einen Strohhalm klammerten.
Weil so viel Einsatz belohnt werden muss, lud die Festleiterin die ganze Schar zu einem gemütlichen Grillabend auf den Hof von Hans Steiner ein. "Hans, ich hoffe, du weißt schon darüber Bescheid, dass uns das der stellvertretende Festleiter Martin, der zufällig auch dein Sohn ist, großzügiger Weise angeboten hat?"
Das stieß auf große Sympathie sowohl bei den Paten als auch bei den Tenglingern. Damit niemand an ihrer Tugendhaftigkeit und Gastfreundschaft zweifelt, trugen sie schon mal eine große Auswahl an selbstgebackenen Kuchen in den Saal, wovon einer ein "richtiger Törringer Feuerwehr-Kuchen" war, weil er aussah wie ihr sehnlich erwartetes neues Löschfahrzeug.
So einer engagierten Truppe sagten die Festpaten letztlich gerne ihre Unterstützung zu. Ihre offiziellen Aufgaben beim Jubiläum im Juni sind zwar überschaubar, aber schon im Voraus mit insgesamt 170 Liter Bier beziehungsweise durch das Grillfest auf dem Steinerhof ausgeglichen.
Text: Anneliese Caruso





